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SPD-Abteilung 12 | Helmholtzplatz

Hermann Borgmann

1855-1911, Lychener Str. 132


Wahlwerbung für Hermann Borgmann 1903

Hermann Borgmann wurde in eine der frühen Zentren der Sozialdemokratie geboren, bevor ihn Partei und Gewerkschaft nach Berlin verschlugen. Er erblickte am 14.11.1855 als Sohn eines Tischlers das Licht der Welt und zwar in Schkeuditz (Nordsachsen). Die Volksschule absolvierte er in Gohlis bei Leipzig und begann eine Hutmacherlehre. Nach Wanderschaft und Militärdienst arbeitete er bis 1891 als Hutmachergeselle. In dieser Zeit wurde er auch Mitglied der Gewerkschaft und Partei. In beiden war er Funktionär, bis 1888 in Leipzig, anschließend in Berlin. Nach zwei Jahren wurde er zum Vorsitzender der Arbeiterkontrollkommission der Hutarbeiter in Berlin gewählt. Im Jahr darauf bis 1898 arbeitete er als hauptamtlicher Leiter und Gesellschafter der genossenschaftlichen "Deutschen Hutfabrik" in Berlin. Seit 1898 machte er sich selbstständig und war Inhaber eines Hüte- und Mützengroßhandels in Berlin.

Für die SPD nahm er ab 1892 bis 1911 ein Mandat in der Stadtverordnetenversammlung wahr. Bei der Wahl zum preußischen Landtag errang er eines von sieben Mandaten für die SPD und leitete als Vorsitzender die erste Fraktion der SPD im preußischen Parlament bis zu seinem Tod am 16.4.1911.

Der Weg in den preußischen Landtag war für einen Sozialdemokraten keineswegs selbstverständlich. Bis 1903 stellte die SPD nicht mal Kandidaten für die Wahlen auf, da die Aussichten auf nur auch ein Mandat zu gering war. Grund war das reaktionäre preußische Dreiklassenwahlrecht. Ausgeschlossen von den Wahlen waren Frauen, aber auch alle Männer unter 25 und solche, die Armenunterstützung erhielten. Das verbleibende Wahlvolk wurde dann in drei Steuerklassen eingeteilt. Jede Klasse sollte einen gleich großen Beitrag zum Steueraufkommen leisten, wobei direkte Steuern nicht berücksichtigt wurden. In ganz Preußen bedeutete das zum Beispiel 1898, dass 85,3% der Wähler als dritte Abteilung so viel Einfluss hatten wie ganze 4,4% der Wähler, aus welchen die erste Klasse bestand. Das bedeutete, die Stimme eines Reichen zählte mehr als 19mal so viel wie die eines Arbeiters.

Erst mit der Wahl 1903 unternahm die SPD einen ernsthaften Versuch, Sitze im Landtag zu erobern, scheiterte aber am Wahlsystem. Mit 19% der Stimmen erhielt die SPD keinen einzigen Sitz. Für die Konservativen war das aber schon Anlass genug zur Panik. Es wurde ein „Reichsverband gegen die Sozialdemokratie“ gegründet, der mit Wort und Schrift der Umsturztätigkeit der SPD entgegentreten sollte und den durch sozialdemokratischen Terrorismus bedrängten Arbeitern und Gewerbetreibenden Hilfe [zu] gewähren.

Das reaktionäre Dreiklassenwahlrecht hatte jedoch eine von seinen Erfindern unbeabsichtigte Wirkung. Das durch und durch unfaire Wahlgesetz mobilisierte die Anhänger der SPD ungeheuer. Bereits 1906 wurden 95 Massenversammlungen statt, im Wahljahr 1908 wiederholten sich die Aktionen. Diesmal griff die preußische Polizei hart durch, an der Wahlurne aber steigerte die SPD gegen alle Widerstände ihren Anteil auf 23,8 Prozent, das waren 598.000 Stimmen. Dennoch erhielt die SPD damit nur sieben Mandate, eines davon nahm Hermann Borgmann ein. Sieben Mandate- von 443. Ganz wundersam verringerten sich 23,8% der Wählerstimmen auf 1,6% der Mandate, spiegelbildlich profitierten die Konservativen von dieser wundersamen Wandlung. Selbst dieser reduzierte Erfolg war den Konservativen zu viel. Vier Mandate wurden wegen angeblicher Mängel im Wahlverfahren entzogen, die Nachwahlen waren aber eine Blamage. Alle sozialdemokratischen Wähler wurden wiedergewählt. Ob Hermann Borgmann darunter war, ist uns nicht bekannt.