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SPD-Abteilung 12 | Helmholtzplatz

Paul John

1868-1925, Göhrener Str. 9

Politik ist kein leichter Job und man muss persönliche Angriffe an sich abprallen lassen. Nicht immer gelingt das. Der erste Bezirksbürgermeister des Prenzlauer Bergs, Paul John, hat das am eigenen Leib erfahren. In einer Sitzung erlitt er am Rednerpult einen Herzschlag, an dem er verstarb. Bei der Trauerfeier würdigte ihn der Oberbürgermeister Böß: er habe im Dienste der Stadt sein Leben gelassen.

Geboren wurde Paul John am 27. April 1868 als Berliner Kind im Prenzlauer Berg, dessen erster Bürgermeister er später werden sollte. In die Wiege gelegt wurde ihm diese Karriere nicht. Geboren wurde er in einer unbemittelten Familie geboren und hatte eine, wie der Vorwärts schrieb, eine harte Kindheit. Die Grundlagen für seinen Aufstieg musste er selbst legen. Als Schriftsetzer-Lehrling bildete er sich fort und arbeitete sich kontinuierlich hoch. Früh beteiligte er sich an gewerkschaftlichen Auseinandersetzung, ergriff den Beruf des Journalisten. Er wurde 1892 in die Redaktion des „Volksblattes für Hessen“ nach Kassel berufen. Sechs Jahre später zog es ihn zurück in seine Heimatstadt Berlin. Er wurde als Redakteur des Zentralorgans der SPD berufen, den Vorwärts.

Am 20.02.1920 rückte Paul John, damals für die USPD, in die Stadtverordnetenversammlung nach, blieb dort aber nur kurz. Schon am 9. Februar wurde Paul John zum Bezirksbürgermeister des Prenzlauer Bergs gewählt. Das ist der Beginn der selbstständigen Verwaltung von Prenzlauer Berg. Sogar der Name geht auf ihn zurück, ursprünglich firmierte der Bezirk unter Prenzlauer Tor. Das Amt hatte er bis zu seinem Tod im September 1925 inne.

Der SPD entfremdete er sich nach dem 4. August 1914 und der Entscheidung über die Kriegskredite. Im Vorwärts widersprachen mehrere Redakteure der Linie des Parteivorstandes, darunter Rudolf Hilferding, Karl Leid, Ernst Däumig, darunter auch Paul John. Sie kritisierten, „daß wir die Haltung der Fraktion für inkonsequent und in ihren Folgen für parteischädigend halten“. Die Sozialdemokratie übernehme „in der Fraktionserklärung eine gewisse Mitverantwortung für den Krieg...; eine Verantwortlichkeit, die sich in Zukunft schwer rächen kann“ Seine Rolle im sogenannten Vorwärtsstreik, bei dem linke Redakteure entfernt wurden, kann zur Zeit noch nicht nachvollzogen werden. Da er aber nach dem Krieg der USPD angehörte, ist zu vermuten, dass er zu den Gemaßregelten gehörte.

Die USPD startete stark in den demokratischen Prenzlauer Berg. Bei den Wahlen vom 20. Juni 1920 wurden 45 Bezirksverordnete und 16 Stadtverordnete gewählt. Letztere gehörten den Bezirksversammlungen an, so dass sich folgende Mehrheitsverhältnisse ergaben: USPD 29, SPD 12, der Rest verteilte sich auf konservative und rechte Parteien. Schon bei den Neuwahlen 1921 veränderte sich das Kräfteverhältnis: die USPD kam noch auf 15, die SPD auf 14 Verordnete. Auf die neugegründete KPD entfielen 6 der insgesamt 60 Verordneten. Wann Paul John zur SPD wechselte ist unklar. Sicher ist nur: er wurde 1920 als USPDler gewählt und dieses Amt war unabhängig von der Neuwahl 1921. Spätestens 1925 bei der Bezirksverordnetenwahl trat er aber als Sozialdemokrat an. Die Wahlen von 1925 sprachen für den Erfolg seiner Arbeit. Die SPD erreichte 38,6%, die KPD kam auf 21,4%, die USPD stürzte von 22,7% in 1921 auf 0,8% ab.

Die Leistung als erster Bezirksbürgermeister ist mehr oder minder vergessen, aber wenn man nur ein wenig gräbt, werden diese deutlich. Er konnte das neue Berlin nach dem Ende des Kaiserreichs mit aufbauen, in einem Bezirk, der erst mit dem Großberlin-Gesetz entstanden ist. Geprägt hat er das Wohlfahrtswesen, Rentenfürsorge und Jugendhilfe im Bezirk, vor allem im letzten Bereich war der Prenzlauer Berg ein Reformbezirk mit Größen wie Walter Friedländer oder Ella Kay, seine Nachfolgerin nach dem Krieg.
Gestorben ist er, wie geschrieben, bei einer Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung, die damals noch in der Danziger Straße 64, einem ehemaligen Fabrikgebäude, untergebracht war. Auf der Tagesordnung stand die Anfrage der Deutschen Volkspartei: „Auf Grund einzelner in der letzten Zeit erfolgten Beförderungen von Beamten wird die Anfrage an das Bezirksamt gerichtet, ob in den Fällen der Beförderung der Herren B., H., R. nur die Zugehörigkeit zur Sozialdemokratischen Partei oder die Befähigung maßgebend gewesen ist.“ Erst vor kurzem von einer Krankheit genesen, verwehrte sich Paul John diesen Anschuldigungen. Die Bürgerlichen setzten die Angriffe fort, Paul John fiel plötzlich vom Stuhl und verstarb nach wenigen Augenblicken, noch vor dem Erscheinen des Arztes. „Der Tod unseres Paul John zeigt nur zu sehr, welchen seelischen und geistigen Belastungen die Männer ausgesetzt sind, die als Vertrauensleute des Proletariats auf verantwortliche Posten berufen wurden.“

Seine Beerdigung auf dem Friedhof der freireligiösen Gemeinde Berlins beschreibt der Vorwärts in seiner Ausgabe vom 20.09.1925: „Dann wurde der Sarg hinausgetragen und durch die Straßen des Bezirks nach dem an der Pappelallee gelegenen Friedhof der Freireligiösen Gemeinde gebracht. Den langen Trauerzug, in dem viele Fahnen der Sozialdemokratischen Partei, des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold und der Kleingärtnervereine des Stadtteils mitgeführt wurden, begrüßte in starker Anteilnahme eine dichtegedrängte, die Straßen säumende Menge.“ Sogar ein Vertreter der Deutschen Volkspartei, deren massive Angriffe seinen Herzschlag ausgelöst hatten, konnte nicht anders, als seinen Einsatz für das Gemeinwohl zu würdigen. Auf dem Friedhof bescheinigte ein Vertreter der KPD, dass er ein Vertreter der Arbeiterklasse geblieben sei. „Ein Sohn des Volkes will ich sein und bleiben“ klang es über die Gruft hin. Der Arbeitergesangsverein „Prenzlauer Berg“ widmete dem toten Genossen den letzten Gruß.“ Seine Abteilung, die 29., legte einen Kranz am Grab ihres Genossen nieder.